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Spektakel und Debakel

17. 10. 2012 – Enrico Barz

Sonderbares trug sich am Abend im Berliner Olympiastadion zu. 72.369 Zuschauer im weiten Rund wurden Zeuge eines höchst kuriosen Spielverlaufs, der im WM-Qualifikationsspiel zwischen Deutschland und Schweden in ein aufsehenerregendes 4:4 mündete.

Begonnen hatte die DFB-Elf im Regen von Berlin enorm druckvoll. Von der ersten Minute an wurde der Gegner tief in die eigene Hälfte gedrängt. Mit technischer Brillanz und hohem Tempo ließ man die Skandinavier überhaupt nicht zur Entfaltung kommen. Schnell schlug sich die eklatante Überlegenheit angemessen auf der Anzeigetafel nieder. Marco Reus legte zweimal für Miroslav Klose auf (8., 15.). Insbesondere beim zweiten Treffer wurde die schwedische Defensive nach allen Regeln der Fußballkunst auseinandergenommen. Der doppelte Doppelpass im gegnerischen Strafraum in Vollendung vorgeführt als genauso wirkungsvolles wie ästhetisches Element dieses Mannschaftssports. In jener Phase war kaum zu erkennen, dass beide Teams eigentlich dieselbe Sportart betrieben – zu betreiben versuchten.

Nach der gut 15-minütigen Machtdemonstration lockerten die Deutschen den Klammergriff. Die Gäste bekamen erstmals Luft, um sich ein wenig zu stabilisieren. Dennoch behielt der WM-Dritte die Partie im Griff und schraubte das Ergebnis noch vor dem Seitenwechsel weiter in die Höhe. Per Mertesacker kam zu einem seiner seltenen Torerfolge (39.).

Es gibt Dinge im Fußball, die sind nicht zu erklären

Nach der Pause fand das Spektakel zunächst seine Fortsetzung. Mit dem 4:0 von Mesut Özil (56.) zweifelte niemand mehr am deutschen Sieg. Selbst die Schweden wollten nur noch einigermaßen anständig aus der Nummer herauskommen. Was dann passierte, werden Trainer und Experten auch mit einigem Abstand nicht vollumfänglich erklären können. Gefragt sind hier wohl eher die Psychologen. Eigentlich handelte es sich um einen normalen Vorgang. Eine Stunde lang bestritten die Deutschen die Partie hoch überlegen und absolut souverän. Berauscht von der eigenen Vortrefflichkeit, geblendet von solcher Pracht und im Gefühl des sicheren Sieges wurde der eine oder andere Gang zurückgeschaltet. Was in der Regel problemlos funktioniert, sollte an diesem Abend gehörig daneben gehen. Zu viele Spieler wollten zu viele Schritte sparen. Die Konzentration litt, der Faden riss und so holte man die bis dahin maßlos überforderten und total chancenlosen Schweden zurück ins Spiel. Dass diese dann tatsächlich in der Lage waren, noch vier Tore zu erzielen ... Spätestens hier tritt der Erklärungsnotstand ein.

Eine desaströse halbe Stunde und dilettantisches Abwehrverhalten, von dem sich sogar ein Manuel Neuer anstecken ließ, führten zu einem Debakel, wie es eine deutsche Nationalmannschaft noch nicht erlebte. Ein Vier-Tore-Vorsprung wurde bis dahin noch nie aus der Hand gegeben.

Mal wieder mehr Fragen als Antworten

Stellt sich abschließend eine letzte Frage: Warum war sich Joachim Löw zu fein, in der Nachspielzeit einen taktischen Spielertausch durchzuführen, um Zeit von der Uhr zu nehmen? Verstößt es gegen die Prinzipien, eine zusätzliche Defensivkraft ins Getümmel zu werfen, die auch mal den glanzlosen Befreiungsschlag praktiziert? Eine dritte Auswechslung wäre noch möglich gewesen und hätte die drei Punkte sichern können. Doch wie sagte schon der einstige deutsche Nationalkeeper Jens Lehmann: "Fußball findet nicht im Konjunktiv statt."

Es bleiben eine Menge Fragen offen. Aber sollten nicht die überragenden 60 Minuten haften bleiben, die belegten, wie viel Potenzial in dieser Mannschaft steckt. Aus dem Rest dieser Partie werden alle beteiligten Spieler und Trainer gewiss die richtigen Lehren ziehen. Hoffentlich.


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